DER PLATTENSPIELER ALS MUSIKINSTRUMENT


Instrumentarium


Der Plattenspieler

In „Meyers großem Handlexikon“ wird der Plattenspieler als elektroakkustisches Gerät zur Wiedergabe von Sprache und Musik durch Abtasten einer sich gleichmäßg drehenden Schallplatte beschrieben.


Abbildung 1 „Technics SL1200 Mk2“ Plattenspieler

Die 1200er Serie von Technics dürfte wohl all denen ein Begriff sein, die sich jemals mit DJ-ing beschäftigt haben.
Denn, speziell für DJs entwickelt, erfüllt diese Serie alle Anforderungen, die ein DJ an einen Plattenspieler stellt. Seit 1980 werden die Technics SL 1200 MK2 und Technics SL 1210 MK2, die sich nur in der Farbe unterscheiden (silber und schwarz), deshalb auch unverändert gebaut.

Plattenspieler arbeiteten bis dahin riemengetrieben: Die Kraft des Motors wird mittels eines Keilriemens auf den Plattenteller übertragen. Oder sie hatten einen Direktantrieb, bei dem die Achse des Motors auch gleichzeitig die Achse des Plattentellers war.

Der 1200er Technics dagegen hat einen Permanentmagneten unter dem Plattenteller befestigt, welcher zwölf kreisförmig angeordnete Spulen umschließt. Somit hat er keine mechanischen Teile mehr, die blockiert werden können. Werden diese Spulen mit Strom durchflossen, stoßen sie den Magneten ab und setzten den Plattenteller in Bewegung.

Minimale Gleichlaufschwankungen von nur 0,01 Prozent werden durch einen Regelquarz erreicht, der die Drehgeschwindigkeit präzise kontrolliert und korrigiert. Ein auf einem Flachbandpotentiometer basierender, daumenbreiter Pitch-Regler ermöglicht eine Drehzahlfeinregulierung von plus acht Prozent bis minus acht Prozent, die zusammen mit der Genauigkeit des Motors vor allem für House- und Techno-DJs unersetzlich ist, da mit deren Hilfe mehrere Platten über längere Zeit synchronisiert werden können. Eine weitere positive Eigenschaft des elektromagnetischen Antriebs ist, daß der Plattenspieler in sehr kurzer Zeit hochfährt, d.h., daß er die Umdrehungszahl von 33,3 pro Minute in nur 0,7 Sekunden erreicht. Erwähnenswert sind noch die große Start/Stop-Taste, die ausfahrbare Plattenbeleuchtung und das quarzgeregelte Stroboskoplicht, das die Drehzahl und deren eingestellte Abweichung anzeigt, die ein Arbeiten in dunkler Club-Atmosphäre ermöglichen. Für die unterschiedlichen Anforderungen, die DJs aus unterschiedlichen Musikrichtungen an ihren Plattenspieler stellen, kann die Höhe des Tonarms frei justiert werden, was eine Feinabstimmung auf verschiedene Tonabnehmersysteme ermöglicht.

Wesentlich zum Erreichen des Kultstatus hat die Robustheit der 1200er beigetragen. Der Plattenteller und die Bodenwanne bestehen aus Gußaluminium; das massive Oberteil wird aus Aluminium gefräst. Vier schwere Gummifüße unter dem Gerät sowie vibrationshemmendes Gummi auf und unter dem Plattenteller sorgen für einen guten Schutz vor Schwingungseinflüssen, welche die Nadel aus der Rille springen lassen könnten.

Diese Vibrationen können sowohl durch die in Discotheken übliche Lautstärke als auch durch tanzendes, „den Saal zum Beben bringendes“ Publikum erzeugt werden. Auf großen Open Air Veranstaltungen wie z.B. der Love-Parade muß der Plattenspieler auch auf fahrenden LKWs seinen Dienst verrichten.

Sehr robust ist auch der Antrieb konstruiert. Auf Techno-Partys, die bis zu 30 Stunden dauern, läuft das Gerät meist ohne Pause, obwohl er durch häufige Tempokorrekturen und durch Zurückziehen der Platte Höchstbelastungen ausgesetzt ist. Auch die Widerstände beim Scratchen, die trotz Slipmat (Siehe Kap. Slipmat) zustande kommen, hält er aufgrund der magnetischen Funktionsweise ohne Probleme über lange Zeit aus. Eine der härtesten Bewährungsproben mußte der Technics bei den DMC DJ-Weltmeisterschaften 1991 bestehen: DJ David aus Deutschland posierte bei seiner Kür, mit der er dann Weltmeister wurde, wie ein Breakdancer mit einer Hand auf dem Plattenteller. Anstandslos drehte dieser seine menschliche Last wie auch zuvor die Platten im Kreis herum.

Obwohl die Technics-Plattenspieler oft kopiert wurden, gibt es bis heute nur wenige Produkte, welche die Dominanz der Firma Technics anfechten können; hauptsächlich, weil sie ein Patent auf ihr magnetisches Antriebssystem angemeldet hat.

Der härteste Konkurrent im Hip Hop-Bereich ist derzeit das Modell PDX-2000 von Vestax. Nicht nur durch eine Ultrapitchfunktion, die statt der üblichen +/- 8 Prozent eine Manipulation der Geschwindigkeit von bis zu +/- 60 Prozent erlaubt, eröffnet der PDX2000 dem DJ neue Möglichkeiten. Weiterhin kann er die Anlaufgeschwindigkeit frei definieren und ein Reverse-Knopf ändert die Laufrichtung zu Rückwärts.
Entscheidender ist aber das neue Anti Skipping Tonearm System (ASTS). Hierbei handelt es sich um einen sehr kurzen Tonarm, der formbedingt kaum Fliehkräfte auftreten läßt und so das Springen der Nadel fast völlig ausschließt. Manche Hersteller wie z.B. Stanton ahmen das ASTS nach, bieten aber alternativ auch auswechselbare Tonarme an, weil sich je nach Tonarmlänge die relative Position der Markierungen auf den Platten ein wenig verschiebt.

Neueste Plattenspielermodelle bieten schon digitale Funktionen, die die tonale Differenz, die beim Angleichung der Geschwindigkeit zweier Platten entsteht, in Echtzeit errechnen und ausgleichen können. Auch gibt es Digitaldisplays, die Umdrehungsgeschwindigkeit, Motorstatus und die von internen Beatcountern ermittelten Tempi anzeigen.

Der CD-Player als Alternative zum Plattenspieler wird zwar in gewissem Umfang von Techno-DJs eingesetzt, konnte sich jedoch bei Hip Hop-DJs nicht durchsetzen.