DER PLATTENSPIELER ALS MUSIKINSTRUMENT


Die Schallplatte

Die Maxi-Single oder 12“


Maxi-Singles haben denselben Durchmesser wie normale Langspielplatten, auf ihnen sind aber nur ein bis zwei Stücke pro Seite untergebracht. Der Abstand der Rillen zueinander ist bei Maxi-Singles sehr viel größer als bei normalen Singles oder Alben, wodurch breitere und damit auch tiefere Rillen geschnitten werden können. Die hierdurch, gerade im Baßbereich, mögliche größere Lautstärke bedingt einen größeren musikalischen Dynamikspielraum. Da Maxis zumeist mit 45 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden, kann nochmals weniger Musik auf mehr Platz untergebracht werden, die Klangqualität wird dadurch nochmals erheblich verbessert.

Auf die erste Maxi-Single die in Plattenläden erhältlich war, war 1976 nur das Stück „Ten Percent“ von „Double Exposure“ gepreßt (siehe Kap. Dubplates). Für DJs ist die Tatsache, daß auf Grund der Länge der Remix-Versionen, die auf den Maxi-Singles zu finden sind, meist nur ein Track auf die Platte paßt, nicht schlimm. Das Suchen nach dem Anfang eines Stückes mitten auf der Platte erübrigt sich, und beim Mischen werden in der Regel nur Stücke abgespielt, die sich nicht direkt hintereinander auf demselben Tonträger befinden, so daß die Platten häufig gewechselt werden müssen.

Abgesehen davon ist die Maxi-Single für einen jungen, unbekannten Künstler eine gute Möglichkeit um etwas zu veröffentlichen, wenn er von einer Plattenfirma noch keine ganze Langspielplatte bewilligt bekommt

 

Dubplates


Wenn ein Produzent herausfinden möchte, ob seine selbsterstellte (Tanz-)Musik in der Live-Situation funktioniert, ob sie vom Publikum angenommen wird, dann läßt er in der Regel ein Dubplate davon erstellen, welches er einem DJ zum Testen übergibt. Oft kommt es auch vor, daß ein DJ selbst der Produzent ist und seine eigene, selbst produzierte Musik auflegen möchte.

Im Gegensatz zur normalen Vinylscheibe wird die Musikinformation beim heutigen Dubplate, wie beim DMM-Verfahren direkt in die Platte geschnitten. Oftmals werden hier Lackschnitte aufgrund der geringeren Fertigungskosten bevorzugt, in manchen Fällen kommt jedoch auch hier Kupfer zum Einsatz weil der Schnitt nicht für die industrielle Massenproduktion vorgesehen ist. Aus Kostengründen sind die Qualitätsprüfungen der Lackbeschichtung nicht sehr gründlich. Deshalb kann diese kleine Unebenheiten oder Bläschen aufweisen. Außerdem ist der Lack bei weitem nicht so hart wie Vinyl, weshalb nach 40 bis 50 Abtastungen deutlich hörbare Abnutzungserscheinungen zu Tage treten. Nutzt der DJ das Dubplate zum Scratchen, leidet der hohe Frequenzbereich bereits nach 2 bis 3 Minuten.

John Cremer von den Kölner Maarweg-Studios:

„Dubplates sind ein normaler Lackschnitt, der wahnsinnig weich ist. Nach dreimaligem Abspielen hat man sich die Höhen schon herausgekratzt! Natürlich kann man Dubplates öfter abspielen, ohne daß sie springen, aber der Sound leidet hörbar. [...] Einen solchen Kupferschnitt kann man 40 bis 50 Mal abtasten [scratchen], ohne daß etwas mit dem Frequenzgang passiert.“

Durchaus Sinn können Dubplates allerdings für Techno- oder House-DJs machen. Wenn sie ein Dubplate zwei mal pro Wochenende auflegen, dann hält es bei einer Lebensdauer von 50 Abspielungen fast ein halbes Jahr. Entweder ist der gespielte Titel so gut angekommen, daß er auf Vinyl veröffentlicht wird, oder er wird wieder aus dem Programm genommen.

Der Ursprung der Dubplates ist Anfang der 60er Jahre auf der Karibikinsel Jamaica zu finden. Zwei oder mehrere Soundsystems, bestehend aus einem, später zwei, Plattenspielern und großen Lautsprecherboxen, die auf einem Wagen montiert waren, buhlten um die Gunst des Publikums. Das Soundsystem, das mehr Tänzer anlocken konnte gewann. Neben der Leistung der Verstärkeranlage war entscheidend, welches die besseren und selteneren Platten vorweisen konnte.

Um zu verhindern, daß die Konkurrenz „abguckte“ und die selben Platten kaufte, kratzten die DJs, damals dort noch Soundsystem Operator genannt, oftmals die Schrift von ihren Platten. Selbst Grandmaster Flash soll in einer Badewanne die Labels von seinen Vinylscheiben gewaschen haben. Ende der 50er Jahre war der Bedarf an verschiedenen Platten für die Soundsystems aufgrund der großen Popularität so gewaltig geworden, daß er von amerikanischen Produktionen nicht mehr befriedigt werden konnte.

Obwohl eigens dafür abgestellte Leute den amerikanischen Markt nach immer exklusiveren Stücken durchforsteten, genügte es den berühmtesten DJs nicht mehr, nur Stücke von anderen zu spielen. Sie begannen, zunächst nur für den eigenen Bedarf, selber Musik zu produzieren. Aus dieser von einheimischen Bands eingespielten Musik entwickelten sich, auf Vinyl gepreßt, zwei Arten Reggae: “Talk-over“ und „Dub“.

Die üblichen Anfeuerungen zum Tanzen und der den schwarzen Radiomoderatoren jener Zeit abgeschaute Scat-Rap ergänzten sich zum sogenannten Toasten, das über dem Instrumental zum Besten gegeben, zum Talk-over führte. Dub hingegen verzichtete auf diese vokalen „Live“-Elemente und beschränkte sich fast ausschließlich auf Bass und Schlagzeug. Diese Versionen der Stücke konnten auch mit allen Möglichkeiten der Studiotechnik verfremdet werden. Die gepreßte Platte mit Dub-Musik darauf ergab dann ein Dubplate, über das der DJ Toasten konnte.

Nicht nur die Soundsystem Operators verlangten nach maßgeschneiderter Musik, auch im Bereich der Disco-Musik wurden DJ-freundliche Remixe zum Standard. Der erste DJ-freundliche Remix, der von Walter Gibbons 1976 angefertigt wurde, dehnte das Stück „10 Percent“ von Double Exposure von drei Minuten auf eine „exzessive musikalische Landschaft von neun Minuten Länge“ aus. Er machte sich nicht nur die besseren physikalischen Eigenschaften der Maxi-Single zunutze, die ihm erlaubten, die Rhythmusgruppe und vor allen Dingen die tiefen Frequenzen herauszuheben, er arrangierte den Titel auch komplett neu. Das Intro wird anfangs zweimal wiederholt und ein weiteres Mal im weiteren Verlauf des Stückes. Durch eine Ausdünnung der Rhythmussektion gegen Ende des Stückes wird das Darübermischen des nächsten Titels wesentlich erleichtert. In den frühen 80er Jahren erschienen dann auch instrumentale Abmischungen der Disco-Hits, die Dub-Mixes genannt wurden, und zumeist auf den B-Seiten der Singles zu finden waren.

Das damals und das heute gespielte Dubplate hat als Gemeinsamkeit, daß die Musik für den DJ-Gebrauch bestimmt ist. Oft ist die auf dem Dubplate gespeicherte Musik auch speziell für einen DJ konzipiert, vor allem wenn sie von ihm selbst produziert wurde.

Wenn auch die damaligen jamaikanischen DJs ab 1960 größere Stückzahlen ihrer Werke verkauften, so hat die zu Testzwecken erstellte Platte mit dem originalen Dubplate nur noch den Namen gemein.

Wohl aber gibt es heute noch Dub-mixes, die den Remix eines Titels ohne Gesang darstellen.

Am 29. Dezember 2001 brachte die Firma Vestax eine transportable Vinylschneidemaschine für den Heimgebrauch auf den Markt. Damit kann ein DJ Eigenproduktionen oder speziell an seinen Bedürfnissen ausgerichtete Platten selbst schneiden. Die mit dieser Maschine hergestellten Schallplatten haben aufgrund spezieller Rohlinge, eine Lebensdauer die 90 Prozent einer herkömmlichen Vinylplate erreichet, sie sind also nicht nur kostengünstiger sondern auch haltbarer als herkömmliche Dubplates.