|
DER
PLATTENSPIELER ALS MUSIKINSTRUMENT
|
|
|||
|
Der Plattenspieler
kann ähnlich einem digitalen Sampler verschiedene Sounds abspielen.
Beide Instrumente verfügen jedoch nicht über interne Soundquellen
wie Oszillatoren oder gespeicherte Wellenformen, sondern sie sind auf
externe Speichermedien angewiesen. Der RAM-Speicher (Random Access Memory)
des Samplers ist dabei mit dem leeren Plattenteller zu vergleichen.
In das RAM können alle denkbaren Klangformen aufgenommen, abgespeichert
und wieder geladen werden, je nach aufgelegter Platte kann auch der
Plattenspieler aufgenommene Klänge wiedergeben. Durch die vielfältigen
ihm eigenen Spieltechniken ist der Plattenspieler jedoch ein Instrument,
das die Bildung spezifischer Sounds ermöglicht. Eine bahnbrechende
Stellung, was die Akzeptanz des Plattenspielers angeht, nimmt in diesem
Zusammenhang das Stück „Rockit“ von Herbie Hancock
ein, zu dem Grandmixer D.ST wichtige klangliche und rhythmische Aspekte
beigetragen hat. „Du kannst
es mit dem Saxophon gleichsetzten, mit Drums oder Bass.“ Weiterhin sagt er: „In1999, composition means the make-up, the putting together of elements - sound elements. [...] It´s based on catching and capturing sound elements and combining those with other sounds and structuring it towards a finished result. It´s not like writing for a symphony orchestra [...] because that´s an older, academic way of doing music.“(Übersetzung) Die Kombination
aus der dem Plattenspieler eigenen Klangfarbe und der potentiellen Reproduktion
und Imitation aller Instrumente inklusive der Stimme macht ihn somit
zum idealen Produktionsinstrument. In der Tat können mehrere DJs
zusammen als mehrstimmiger Sampleplayer fungieren. Sie können die
Stimmen wie in einer Band in Schlagzeug, Baß und z.B. Saxofonmelodie
etc. aufteilen. Da unveränderte Naturklänge aber nur mittelbar
reproduziert werden können, ist es fraglich, ob sich der Plattenspieler
als „Multi-Instrument“ durchsetzten wird. Den akademischen
Weg beschreitet Jason Bellmont, als DJ Radar Mitglied der Bombshelter
DJs, mit seinem „Concerto for Turntable“. Er entwickelte
zusammen mit dem Komponisten Raul Yanez eine Methode, die das Aufschreiben
von Scratches in Notenform ermöglicht. Als Grundlage für die
Transkription diente dem klassisch ausgebildeten Schlagzeuger Bellmont
die Notationsweise von Percussion- Auch beim Ineinandermischen mehrerer Stücke ist künstlerisches Gespür vonnöten, da ein unmusikalischer Mix ausgesprochen langweilig ist. Ist er gar vom Tempo unsauber, gleicht er einem nicht gestimmten Instrumentalensemble. Wenn als Rohmaterial Ausschnitte bereits veröffentlichter Stücke anderer Künstler dienen, kann dies eine schlechte Kopie des ursprünglichen Stückes zur Folge haben. Benutzt der DJ das Klangmaterial jedoch in einem neuen kreativen Zusammenhang, kann er der Musikkultur neue Impulse geben. Herbie Hancock: „Ich liebe es, gesampelt zu werden, denn sie nehmen meistens bereits verstorbene und verbuddelte Stücke. Sie wiederbeleben sie und hauen sie in ein Format, dass diese Stücke für viele zeitgemäße Hörer attraktiv macht.“ Das heutige Musikleben
ist ohne DJs kaum mehr vorstellbar. Ein Großteil aller Tanzveranstaltungen
wäre ohne sie nicht durchführbar. Auch in der Live-Musik-Szene
hält der Plattenspieler immer mehr Einzug. Der oben angesprochene
Begriff des Turntablisten wird von vielen DJs adaptiert, jedoch von
DJ zu DJ unterschiedlich ausgelegt. Für den einen ist ein Turntablist
jemand, der die Plattenspieler in möglichst vielen Variationen
einsetzt, für den anderen ist ein Turntablist jemand, der Musik
ausschließlich mit Plattenspielern erstellt. Wieder andere sagen,
daß der ein Turntablist ist, der mit Platten neue Musik macht,
und daß es schon neue Musik ist, wenn man zwei Platten ineinander
mischt. „Viele dieser Künstler schaffen es, einem Instrument, das es schon lange gibt, völlig neue und aufregende Sounds zu entlocken.“ Außerdem werden
Notationssysteme für den Plattenspieler Türen aufstoßen,
er wird einen noch besseren Zugang zu traditionellen Musikformen finden. Ich möchte diese Arbeit mit einem letzten Zitat von Herbie Hancock beschließen, der da sagt: „Das einzige,
was zählt, ist das Endergebnis. Wie klingt es und wie fühlt
es sich an? Wenn es sich wie Musik anfühlt, dann muss es auch Musik
sein.“
|
||||